Nachdem Netflix mit Pete Holmes und seinem Special „I am not for everyone“ schon vielversprechend pur in das Comedy-Jahr gestartet war, setzte der Streaming-Primus nun noch einen drauf und präsentiert Dave Attell´s Special „Hot Cross Buns“.
Für nicht wenige Comedians in Amerika und auch in Deutschland bedeutet das: Pflichtveranstaltung – gilt Attell doch schon seit gut 30 Jahren als Garant für herausragendes Handwerk.
Und genau darum geht es auch in „Hot Cross Buns“: Gags.
Und wie genau soll ausgerechnet dieser komische Kauz mit Mütze UND Baseballcap Stand up Comedy retten? Muss die denn gerettet werden?
Ich finde, wenn man sich so manch nachwachsende Comedy-Pflanze so ansieht, ja. Oder sagen wir vielleicht auch: fokussiert werden.
Gerade auch hier in Deutschland führt einem dieses Special die Essenz von Stand up vor.
Wo Attell draufsteht ist auch Attell drin, nicht mehr aber auch nicht weniger.
Das zeigt sich auch schon bei der Wahl der Location. Man ist da, wo Comedy hingehört, in einem Club!
Stand up Comedy, wo sie hingehört
Keine Event-Lagerhalle, in er man mit Leinwänden arbeiten muss, damit man die Comedians überhaupt sieht.
Schönen Gruß an alle XXL-Comedy-Massenabfertigungen…
Während in Deutschland Stand up Comedy am liebsten in der Größe von Reichsparteitagen abgehalten wird, zeigt Dave Attell den wohldosierten wahren Kern der Kunstform: der Cobbs Comedy Club in San Francisco, 400 Plätze, eng bestuhlt, kein Schnickschnack auf der Bühne – just Jokes.
Und die landen wie Schneeflocken auf der Windschutzscheibe während einer Autobahnfahrt.
One-Liner, Two-Liner, keine ausufernden Stories. Und der einzige Gag der daneben geht, wird auch gleich von Attell selbst rausgestellt. Und selbst der war sicher genau so geplant.
Wo sich viele renommierte Special-Comedians gerne in Attitüde und/oder Self-Stardom suhlen, bietet „Hot Cross Buns“ endlich wieder mal sinnlosen Blödsinn in schönster Form. Don´t think twice, just laugh or don´t.
Kein Gesabbel, dass Comedy nun schwieriger zu machen wäre, sondern zeigen, wie man es machen kann.
Und sei es zur Not mit einer Blockflöte.
Der Comic´s Comic
Auch wenn es bei den Themen mehr Sprünge gibt als in einem Flohzirkus, es scheint alles aus einem Guss. Dabei schont er natürlich weder sich noch andere, wie z.B. seine 87 jährige Mutter. Trotzdem kannst du ihm bei keinem Gag böse sein. Und er kann sie über und unter der Gürtellinie.
Das Publikum bekommt jedenfalls keine Verschnaufpause. Auch das wird bei den Kamera-Shots in die „Crowd“ gut sichtbar.
Dave Attell ist ein sogenannter Comic´s Comic.
Comedians lieben ihn, nicht wenige in der amerikanischen Szene hat er maßgeblich beeinflusst. Wenn es nach den Leuten geht, sie ihn schon länger kennen und lieben, müsste er eigentlich ein Superstar sein. Dagegen hat er sich aber scheinbar erfolgreich gewehrt.
Schick die Leute noch ein bisschen hungrig nach Hause!
Man hofft, dass viele Newcomer in Deutschland das Special sehen, um zu erkennen, was das Ziel sein sollte. Stand up in einer intimen Atmosphäre vor 200-400 Leuten, die für deine Gags gekommen sind und nichts anderes.
Und noch etwas ist im Vergleich zu den pompösen Glanzlack-Specials der Kolleginnen und Kollegen auffällig: Die Spielzeit.
Nach guten 35 Minuten lässt Attell wie ein artiger Pitbull die Leute wundgelacht zurück.
Allerdings musste er sich noch etwas für die Pflichtlänge von 40 Minuten ausdenken, die wohl mit Netflix verhandelt war. Und auch hier enttäuscht der New Yorker nicht.
Und auch das wieder auf seine ganz eigene Art.
Comic´s Comic, Gag-Schrat, Blaupause für tausende Comedians – Dave Attell ist in der Comedy ein Superstar, der keiner ist.
Er macht nur seinen Job und das verdammt gut.