Das Comedy-Glossar erklärt “Heckler” mit Personen im Publikum, die während
eines Auftritts stören und den Comedians mit Zwischenrufen oder
blöden Kommentaren das Leben schwer machen.
Es kann verschiedene Gründe geben, warum jemand der Meinung ist, er oder sie müsse einen Auftritt stören. Und diese sind natürlich nicht ganz unwichtig bei der Art, wie man auf der Bühne mit Hecklern umgeht.
Ein meist offensichtlicher Grund ist: Alkohol. Das Zeug macht leider sehr kommunikativ und schaltet dafür andere Regionen des Verstandes aus, so dass manche sich berufen fühlen, eine Show zu “moderieren” oder sich zu äußern, falls ihnen etwas nicht gefällt oder sie es nicht verstanden haben.
Dann gibt es auch Leute, die unbedingt witzig sein wollen und glauben es auch “drauf zu haben” – meist um sich vor einer Clique zu profilieren. Manche versuchen dir sogar deine Pointen vorwegzunehmen.
Auch sehr unangenehm.
Nicht zuletzt, und das neuerdings auch immer öfter, gibt es Menschen, die sich von Gags vielleicht beleidigt fühlen und das artikulieren müssen, anstatt vielleicht einfach zu gehen. Das ist natürlich auch eine unwillkommene Störung.
Erst analysieren, dann die Waffe der Wahl nutzen
Allerdings ist auch nicht jede “Störung” einzelner aus dem Publikum gleich ein hecklen. Manche verstehen auch das Prinzip des Frage-Antwort-Spiels während eines Comedy-Auftritts nicht ganz und antworten plötzlich auf rhetorische Fragen für alle gut hörbar und oft wenig hilfreich für dein Material.
Für diese Fälle solltest du dir ebenfalls ein paar Sprüche zurechtlegen, die höflich lustig aber bestimmt erklären, dass diese Art der Response nicht wirklich gewünscht ist. “Mündliche Noten gibt es bei mir hier aber nicht” oder so ähnlich.
Ein Klassiker, den du vielleicht für den Anfang, wenn dir gar nichts einfallen will, nutzen kannst ist das bekannte: “Ihr wisst schon, das hier ist kein Fernsehen – ich kann euch auch hören!”
Oft genutzt aber auch treffend. Im Normalfalls fällt dann der Groschen und es ist Ruhe.
Du solltest dir also zuerst sicher sein, dass da jemand mit voller Absicht und böswillig deinen Auftritt torpedieren will und was der Grund dafür ist.
Es soll dir ja nicht so gehen, wie einem amerikanischen Comedian, bei einem Auftritt einen Heckler im Publikum vermutete, ihn sehr brutal und verletzend anging und dann feststellte, er hatte es mit einem geistig eingeschränkten Mann zu tun, der nur auf seine Art und Weise auf die Gags reagierte – immer etwas zu spät und sehr laut mit Kommentaren, wie gut er sie fand.
Amerikanische Comedians sind bei Hecklern eben nicht zimperlich und gehen oft direkt drauf los wie ein Pitbull – verbal natürlich. Der Comedian wäre hier aber am liebsten im Bühnenboden versunken, als er seinen Fehler bemerkte, konnte sich und die Show aber noch irgendwie retten.
Du kannst eigentlich nicht verlieren – wenn du es SO machst
Wenn dir jemand während deiner Show ans Bein pinkeln will, dann gibt es mehrere Möglichkeiten zu reagieren. Diese sind natürlich auch abhängig davon, welcher Typ du bist und wie sicher du dich fühlst.
Die Bühnensituation kann einem schon sehr viel Sicherheit geben, denn du hast das Mikro uns solltest im Zweifel immer lauter und besser zu verstehen sein, als deine Widersacher.
Aber, nicht alle Tipps, mit Hecklern fertig zu werden, haben mit der Lautstärke zu tun – im Gegenteil.
Und du bist eigentlich auch nie allein, wenn du auf den mächtigsten Verbündeten setzt, den du haben kannst: das restliche Publikum. Schließlich stören Heckler ja auch die übrigen ZuhörerInnen. Hier eine Auswahl an Möglichkeiten:
Tipp 1: Ignorieren
Es ist das, was man eigentlich als erstes machen sollte, aus verschiedenen Gründen.
Zum einen um wie gesagt herauszufinden, warum jemand reinruft und ob er damit wirklich böse Absichten hat, sprich, auch weitermachen wird.
Antriebslose Störenfriede könnten schon aufgeben, wenn ihr Einwurf einfach an dir abprallt, vor allem dann, wenn du funktionierst und auch die ZuhörerInnen nicht weiter von ihrem Quatsch abgelenkt werden.
Du kannst das Ganze auch körperlich ausdrücken, indem du dich per Körpersprache auffällig von dem Teil des Publikums abwendest, in dem der Störer sitzt und auch Augenkontakt vermeidest.
Tipp 2: Der Lehrer-Trick
Das kennst du vielleicht auch noch aus der Schule: Wenn es in der Klasse zu laut wurde oder zwei SchülerInnen unüberhörbar tuschelten, hörte vorne die Lehrkraft auf zu Reden. Das machst du einfach auch.
Du stoppst und schaust einfach in die Richtung aus der die Störung kommt (oft auch durch ignorante Leute im Publikum die gerade jetzt eine lebhafte Diskussion über Fußpilz angefangen haben, anstatt zuzuhören).
Es ist eher ein passives hecklen, das nicht unbedingt Dir gilt, aber dennoch absolut störend sein kann.
Manchen wird die Aufmerksamkeit, die sie jetzt von allen im Raum bekommen schon unangenehm und sie werden still. Falls nicht, sollte nach Möglichkeit das Publikum regulativ einschreiten und klar machen, dass es so eine Störung nicht duldet.
Auch das wäre ein wünschenswerter Effekt und eine Lösungsmöglichkeit, die sich bereits beim Ignorieren ergeben kann.
Tipp 3: Mach´ die Bühne frei!
Das ist natürlich nur metaphorisch gemeint. Lass die Heckler sagen, was sie sagen wollen.
Grundsätzlich sollte eine Störung zwar nicht mit Aufmerksamkeit belohnt werden, aber in manchen Fällen löst sich schnell das Problem, wenn Störenfriede kurz das loswerden, was sie sagen wollen. Das kann mehrere Vorteile haben, denn dann weißt Du und das Publikum, worum es geht. Außerdem ist jetzt meist kein geschliffener Vortrag zu erwarten, sondern eine Nichtigkeit die darüber hinaus sicher nichts zum Gelingen des Abends beitragen wird – und das wird nun allen auf einmal klar werden. Du kannst dann immer noch entscheiden, ob du darauf eingehen willst.
Meist ist das aber dann nicht mehr nötig. Herr oder Frau Heckler haben letztlich sich selbst bloßgestellt.
Tipp 4: Du reagierst (und machst dabei keine Gefangenen)
Wie beim dritten Tipp ist zu diesem Zeitpunkt liegt das Kind schon patschnass im Brunnen – die Störung ist unüberhörbar oder wiederholend, du hast es höflich ignoriert und der Lehrer-Trick wurde nicht verstanden, dazu scheint das Publikum etwas unsicher, wie es einschreiten soll – du musst also aus deiner Routine, deiner Bühnenfigur raus und das Problem direkt ansprechen. Und das meine ich wörtlich.
Du bittest die Person ganz konkret ruhig zu sein! Inwieweit du “höflich aber bestimmt” definierst bei der Wortwahl, muss ich leider Dir überlassen.
“Entschuldige, aber könntest du jetzt bitte ruhig sein?”, scheint mir ein wenig zu höflich und ist dazu noch eine Frage, die ein “Nein!” zuließe.
“Niemand hat Eintritt bezahlt, um dich zu hören, Typ ohne Mikrofon. Hör´doch einfach damit auf, die Show zu stören!” ist da vielleicht zielführender, da es deine Bestimmtheit ausdrückt und das übrigen Publikum nochmal inkludiert.
Als Heckler steht man nach dieser Ansage mitten im Feindesland, umringt von Leuten, die zur Schlacht gerufen wurden und man wird sich überlegen, ob man weiter stören will.
Dies ist natürlich ein kritischer Moment. Du gehst aufs Ganze, um diese Störung zu beenden und musst dabei den richtigen Ton treffen – den auch die restlichen ZuschauerInnen akzeptieren. Wer hier über das Ziel hinausschießt und vielleicht auch noch unnötig persönlich wird, riskiert, selber plötzlich als Schlachtvieh auf der Bühne zu stehen. Wenn sich alle auf die Seite des Hecklers stellen, ist deine Auftrittszeit für diesen Abend vorbei – ob du willst oder nicht.
Zum Glück keine “amerikanische Verhältnisse”
In Deutschland sind die Sitten meiner Erfahrung nach zum Glück eher nicht so rauh und die meisten Situationen lassen sich mit den vier beschriebenen Tipps und dem Publikum im Rücken bereinigen. Aber, wie gesagt: die Leute müssen dir zur Seite stehen, ansonsten ist es an dir, dich artig, brav und schnell zu verabschieden.
Im Mutterland des Stand ups herrschen allerdings noch andere Sitten.
Wer sich dort mit erfahrenen Comedians in Clubs anlegt, muss damit rechnen verbal auseinander genommen zu werden – oft unter Einbeziehung des Äußeren, nächster Verwandtschaft und diskussionswürdiger Liebespraktiken.
Alles scheint erlaubt, um die Störer im Kugelhagel von Beleidigungen verstummen zu lassen.
Diese können sich dann meist entscheiden zu gehen, oder zu versuchen gegen zu halten – letzteres ist die unkluge Idee, denn dann werden sie in der Regel vom Fachpersonal gebeten zu gehen. Je nach Aggressions -oder Alkoholpegel werden sie genau genommen sogar nicht mehr darum “gebeten”, wenn du verstehst.
Es gibt also verschiedene Werkzeuge, die einem in Heckler-Situationen helfen können, aber alle sind natürlich mehr oder weniger störend für deinen Auftritt, vor allem wenn du ganz aus deiner Rolle gehen und dann wieder zurückfinden musst, nachdem das Publikum dein anderes “Ich” gesehen hat.
Daher solltest du es nach Möglichkeit bei den ersten beiden Tipps belassen und nicht zu früh in den Reaktions Modus gehen – vieles wird sich mit der nonverbalen Art schon regeln lassen.
Ob du es glaubst oder nicht, aber manche Comedians spielen sogar liebend gerne mit der Heckler-Situation und ziehen einen Teil ihrer Comedy daraus. Der Engländer Jimmy Carr ist sogar bekannt dafür, dass er sein Publikum ermutigt, ihn zu hecklen, nur um darauf auf die schlimmste Art, aber mit Stil zu beleidigen – und das sehr zur Freude der Menge und sogar der Heckler!
Kostprobe gefällig?
Was war deine schlimmste Heckler-Situation auf der Bühne und wie konntest du sie meistern? Schreibe es gerne in die Kommentare!