Ich gebe zu, ich mag Comedy Slams nicht besonders. Das gilt generell jeden künstlich erzeugten Wettbewerb zwischen KünstlerInnen, bei dem “nur” das Publikum über gut und nicht so gut entscheidet. Aber, ich habe meinen Frieden damit gemacht und erkläre Dir auch warum.
Aber, was sind denn eigentlich Comedy Slam?
Wenn du aus der Poetry Slam Szene kommst (die Chancen stehen gut, oder?) dann ist dir das Prinzip vertraut. Für alle anderen: Beim Comedy-Slam treten in der Regel 6-8 Comedians gegeneinander an und versuchen in 10 Minuten das Publikum von sich zu überzeugen. Jede(r) im Publikum darf nämlich eine Stimme für einen Act abgeben und am Ende hat der Abend eine strahlende Siegerin oder Sieger.
Es gibt Comedy Slams für Newcomer, aber auch für Fortgeschrittenere Comedians.
Was ist dann der Unterschied zu einem Open Mic?
Der Sinn eines Open Mics ist es, neue Gags zu testen. Hier entscheidet sich, ob man etwas hat oder nicht. Funktioniert das, was in meinem Kopf lustig war auch auf der Bühne? Da können auch ältere Hasen mit neuem Material hier und da noch holprig wirken – dafür gibt es Tickets für ein Open Mic meist umsonst bis recht günstig.
Jede Bühnenzeit ist “gute” Bühnenzeit
Manche Comedians nutzen auch die Slams für den Test-Zweck – gerade, wenn sie zu wenig Bühnenzeit hatten und noch etwas sicherer werden müssen. Ihnen geht es nicht ums Gewinnen, sondern um ihr Material.
Andere spielen hier lieber ihre sicheren Gags, weil sie gewinnen und sich profilieren möchten. Für jüngere Comedians ist diese Bestätigung von einem Publikum sicher nicht unwichtig. Abwägen muss das natürlich jeder für sich selbst.
Der Clou für das Publikum ist natürlich, dass es interaktiv entscheiden darf, wer es am besten unterhalten hat.
Als Comedian könnte man auf diesen Wertung eigentlich gut verzichten, dann jede, wirklich JEDE Mix-Show die man spielt ist ein Wettbewerb – ob man will oder nicht.
Spätestens beim Schlussapplaus macht jedes Publikum deutlich, wer ihnen am besten gefallen hat und da du anfangs eigentlich ausschließlich im Mix auftreten wirst, egal ob Open Mic oder normale Show, hast du immer einen unausgesprochenen Wettbewerb laufen.
Dennoch und nicht nur, wenn du die Slams als Testgelände nutzt, können sie dir helfen, zu wachsen – auf und neben der Bühne.
Der kompetitive Charakter holt vielleicht noch zwei Prozentpunkte mehr Konzentration aus dir heraus.
Er schult auch die Sinne für neue neue Situationen, in den man funktionieren möchte/ muss.
Ein Publikum in einer anderen Altersklasse, ein schwierig zu bespielender Raum, das alles kann einen etwas aus dem erdachten Konzept bringen und muss nicht immer schlecht sein!
Im Gegenteil, es zwingt einen manchmal etwas umzudenken, spontaner zu werden. Oft werden die Auftritte, bei denen man einfach nix mehr zu verlieren hat, viel besser als erwartet, weil du plötzlich freier aufspielen kannst und nicht mehr so viel nachdenkst.
Auf die Schnauze fallen will gelernt sein!
Das ist übrigens die große Aufgabe, die du in deinem Kopf auch bewältigen musst: denke nicht ständig darüber nach, dass du Fehler vermeiden musst, sondern, wie du mit ihnen umgehst.
Das, was du sofort als Fehler siehst, nehmen die Zuhörenden oft gar nicht als solchen wahr.
Wenn mal etwas für alle spürbar daneben geht, dann machst du halt einen Gag darüber und hältst so den Ball im Spiel.
Bei einem Test-Auftritt ist das absolut kein Problem. Es ist wie beim Ski-Springen: Du weißt, du wirst auch mal fallen. Wichtig ist zu wissen, wie man richtig fällt um sich nicht zu verletzen.
Ein weiterer Pluspunkt von Slams: Du triffst immer wieder neue Comedians, lernst andere Locations und die Szene besser kennen, kannst Kontakte knüpfen und dein Netzwerk erweitern. Außerdem ist der Austausch im Gag-Handwerk immer positiv.
Vielleicht gibt es auch von erfahrenen KollegInnen Tipps und Lob.
Ich habe nach und nach all diese Vorteile von Comedy Slams zu schätzen gelernt.
Das wichtigste auch hier: Alles nicht zu ernst nehmen.
Allerdings bevorzuge ich im Vergleich schon die gute. alte
Mix-Show.
Wenn es doch mal ein Slam ist, spiele nur neue Sachen und probiere – da es meist keine Gage und auch kein Preisgeld gibt (Überraschung!), nutze ich diese Gelegenheiten wirklich nur für neues Material, vielleicht nicht alles zum ersten Mal, aber doch eher, um neue Sets auszuprobieren und aufzubauen.
Einige Comedy Slams zum Ausprobieren
Manchmal helfen sie aber auch dabei, alte Bits wiederzubeleben oder sie mit neuen Twist zu testen.
Wenn du Interesse an Comedy Slams hast, dann checke doch mal folgende Seiten:
GTD Comedy Slam – verschiedene Städte in Deutschland
BOING Comedy Slam – Köln
Trierer Comedy Slam – was glaubst du wo?
Frischfleisch Comedy im zakk – Düsseldorf
Wenn du ein wenig im Netz stöberst, findest du vielleicht auch Slams in deiner Nähe. das Thema Slam in der Comedy ist aber auch noch im Aufbau und bei weitem nicht so breit vertreten wie in der Poetry.
Außerdem setzen die größeren Comedy-Formate wie “Nightwash” und “Quatsch Comedy Club” mittlerweile auf den direkten Wettbewerb, um Newcomer zu küren, die es in die regulären Shows schaffen können. Dazu gibt es einmal im Jahr den Nightwash Talent Award und die “Hot Shots” des QCC. Damit sollte man sich aber erst beschäftigen, wenn man schon eine gewisse Anzahl Shows gespielt hat und solides Material von mind. 25 Minuten hat.
Fazit
Wer schon eine gewisse Routine in seinen Sets hat und gerne was ausprobieren möchte, ist bei Slams sicher nicht verkehrt. Letztendlich ist es nicht zu kompetitiv und verbissen. Für den Start bieten sich aber andere Formate schon eher an. Der Druck ist anfangs eh schon groß, auch ohne Wettbewerb.
Welche Formate sich eignen und wo du gute Bühnen findest, das habe ich dir in diesem Artikel zusammengefasst: Wo auftreten als Newcomer?
Raus aus der Komfort-Zone!