Gehörst du auch zu denen, die nicht eher aufgeben, bis sie bei ihrem Thema und einem Setup einen Gag gefunden haben?
Das ist gut. Das ist sogar sehr gut.
Reicht aber nicht – in den meisten Fällen zumindest.
Wo ein Gag aufploppt, da tummeln sich meist auch mehrere und man sollte immer versuchen, mehrere Gags zu finden und zu testen, bevor man sicher sein kann, den besten im Set zu haben.
Es sollte also keine Seltenheit sein, dass du zu einer Annahme, einer Aussage, Nachricht oder was auch immer deine 5,10 oder 15 Gags entwickelst und dich so bei dieser Sache selber hochpuschst.
Erst, wenn du dein Setup wirklich von allen Seiten bearbeitet hast und es so weichgeklopft wurde, dass dir wirklich gar nichts mehr dazu einfällt, solltest du stoppen.
Du trainierst deinen Humor-Muskel und zu wenig Gags kann man sowieso nie haben.
Wer weiß, wo du die anderen vielleicht noch anbringen kannst oder zu welchen neuen Themen und Gags dich diese Ideen noch bringen.
Deswegen ist es auch ratsam, sich bei so einem “Gagstroming” nicht zu bremsen und erstmal jede noch so unausgegorene Idee zu einem Joke festzuhalten.
Streichen kann man hinterher immer, aber ein verglühter Funken ist schwer zu rekonstruieren
Masse statt und Klasse
Neben der Masse an Punchlines sollte auch die Klasse natürlich im Auge behalten werden. Deshalb kommt nach der Breite die Tiefe, bzw. die Höhe, denn auf viele deiner Ideen kannst du noch einen Nachschlag setzen- die sogenannte Tagline.
Auf die bekannte Idee, über die sowieso schon gelacht wird, kommt einfach noch ein weiterer Gag, der das ganze noch weiter treibt. Du hältst die Maschine am laufen, “melkst” sozusagen das Setup, im Idealfall mit immer lauteren Lachern.
Viele Punchlines haben sicher das Potenzial für mindestens eine, zwei oder gar drei Taglines. Zuviel darf es natürlich auch nicht werden, aber das wirst du auf der Bühne schnell merken. Genauso, dass es nicht ratsam ist, für JEDEN Gag eine Tagline zu bringen. Ist sie nicht mindestens so gut wie die Punchline, lass´ sie stecken.
Generell ist es aber gut, schon Taglines im petto zu haben, wenn man spielt.
Allerdings ist es auch so, dass man darüber nie die Live-Dynamik unterschätzen darf, die einem so manche Tagline quasi in den Schoß legt, weil das Publikum entsprechend reagiert oder sogar einzelne Antworten aus dem Crowdwork so viel lustiger sind, als deine Reißbrett-Ideen. Das ist immer ein Geschenk.
Auch die besten Gags reifen noch auf der Bühne nach
Wenn es bei einem Auftritt sowieso schon gut läuft, wirst du sehen, wie deine Spiellaune im Wechsel mit den Lachern der Leute eine Eigendynamik entwickelt und plötzlich kommen viele Taglines ganz von selbst.
Manche sind sicher Situationsabhängig und werden so woanders nicht funktionieren, aber einige kannst du bestimmt fest in dein Repertoire einbauen und so dein Material erweitern und verbessern. Oft sieht eine Tagline oder eine “Kirsche auf dem Gag” sogar so aus, dass man von einer Publikumsreaktion oder einem Zwischenruf erzählt, der tatsächlich passierte.
Daher sollten deine Antennen bei jedem Auftritt für diese Geschenke auf Empfang sein.
Das ist leicht gesagt, ich weiß.
Schließlich bist du bei deinen ersten Auftritten und auch später mit ganz neuem Material, immer erst sehr bei dir, um auch ja all das umzusetzen, was du geübt hast.
Das Setup richtig formulieren, die Punchline gut setzen, das Timing beachten, die Reihenfolge – das alles erfordert Konzentration.
Immer auf Empfang bleiben!
Die kleine Tür “nach draußen” sollte aber immer offen bleiben, um die Reaktionen aufnehmen und bestenfalls direkt verarbeiten zu können – daraus ergeben sich oft eben unsere Taglines.
Wenn etwas gut läuft, willst du, dass es nicht aufhört, das Publikum ebenso.
Keine Angst, diese Tür “nach draußen” wird von alleine immer weiter aufgehen, je sicherer du in deinem Material bist.
Viele Gags lösen im Kopf der Zuhörenden gewisse Bilder aus. Bilder, die du ja eingepflanzt hast!
Das weißt du, denn du hast auch schon die entsprechende Reaktion, den Lacher, bekommen.
Mit diesen Bildern kannst du jetzt weiter „spielen“, sie erweitern.
Oder du erwähnst einfach nur, dass du weißt, was jetzt alle denken – auch dass kann schon reichen.
Wenn du dann aus deinem Set kurz “aussteigen” kannst um solche Dinge einzubinden und beiläufig wieder zurück findest, dann beginnt der Spaß erst richtig und das Spiel mit dem Publikum wird dich noch weiter nach vorne bringen.
Fazit
Wenn dir ein Gag einfällt, ist die Arbeit nicht beendet – sie fängt dann erst an. Nicht nur, dass du ihn so rund wie möglich bekommen solltest. Das beste „Wording“ finden und ihn in verschiedenen Versionen testen ist dann angesagt. Versuche auch die besten Gags dazu zu finden, die auf deinem Gag aufbauen. Die Gags nach dem Gag sind oft nicht schwer zu finden, denn die Tür ist ja bereits auf. Beobachte, wie das Publikum auf den Gag reagiert und binde das zum Beispiel in deine Taglines ein. DAs kann dir übrigens auch noch bei älteren Gags, die für dich „fertig erscheinen, passieren.